Dokument zum Absolutismus


Brief von Landgraf Ernst Ludwig an seinen Vertrauten und Rat, Kameytsky, über den Brand des Darmstädter Schlosses, 19. Mai 1715

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STAD D 4 Nr. 359/1
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(Transkription)
A Monsieur
Monsieur Chrétien Evrard
Kameytsky d'Elstibors de
present
ŕ
Francfort ou
Rickingen

Monsieur
Demselben soll mit bestürtztem Gemühte nicht verhalten, wasmaasen es dem Allerhöchsten gefallen, diesen Mittags halb ein Uhr eine große Feuersbrunst entstehen zu lassen, wordurch in Zeit denen ŕ 4 Stunden das halbe Schloß und sonderlich meinen gantzen Bau, wo ich gewohnet, von der Wacht biß an den Wall völlig in die Asche geleget worden. Es ist zwar alles daraus salviret , meiner armen Tochter sachen und der Hofmeisterin und Fräulein Forstnerin zugehörige sind wo nicht alle, doch das Allermeiste verbrannt. Wie großen und entsetzlich dieser Brand geloss, ist mit Worten nicht zu exprimiren, dann in einer halben Stunde sind meine zwey Baue und der, darinnen die churfürstlichen Zimmer gewesen, in vollem Brandt gestanden, und es ist auf einmahl zu vier Seiten an diesen drey Orthen das gantze Dach in vollem Gluht und Flammen gewesen, so daß sogleich die Flamme mannsdick und mehr als halb piquen lang aus Dach und Fenster geschlagen. Ich kann nun nicht mehr logiren und bin allhier im parforce Hauß , der Fürst von Oettingen bei dem Oberjägermeister, die Hofmeisterin aber mit ihrer Tochter bei der Babenhausin und die Prinzessin bei dem Hern von Schwarzer. Das Elendt ist nicht zu beschreiben, denn es sind viele arme Leuthe verbrannt worunter des Maskowsky Diener Steuernagel, so bei dem seel. Präsidenten gewesen; man weiß noch nicht recht, wer alß verbrannt ist; über der Kirch und an dem Glockenspiel hat es auch zugleich anfangen zu brennen, so aber bald gelöschet worden, enfin, es war nicht anderst, als wenn es an allen Orthen angeleget gewesen were, und es kann kein Mensch es ergründen, wie es angefangen, denn es ist in der Stube über der Fräulein Forstnerin am ersten außgeschlagen. Gott ist es zum besten bewußt, welchem man still halten und in Gedult diese Züchtigung annehmen muß. Es ist mir leidt, daß ich Ihme eine so betrübte Zeitung schreiben muß, weil ich aber weiß, daß er part nimbt an deme was mich angeht, so habe ich es nicht unterlassen können; prevenire Er seine Frau, daß sie sich nicht zu sehr bei ihrem Zustande erschrecke, denn wenn sie es sonsten so gäuling erfährt oder hier zu gesichte bekombt, könnte es ihr schaden. Weilen nun vieles bey diesem Unglück vorfallen wird, als bitte ich ihn sehnlich, Eer verlasse mich nicht und komme doch bald hier her et je suis
votre
Ernst Louis

Fußnoten:
1 Christian Eberhard von Kameytsky (1671-1726), seit 1699 Regierungsrat in Darmstadt, seit 1710 Geheimer Rat. Engster Berater des Landgrafen Ernst Ludwig.
2 Wachstube



3 gerettet



4 loderte



5 Jagdhaus



6 mit einem Wort



7 Anteil nimmt



8 bereite er seine Frau vor



9 plötzlich
10 und ich bin