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Beschluss des Landtags vom 16. Mai 1722, den Untertanen keine weiteren Lasten
für die Fertigstellung des Schlossbaus aufzuerlegen
STAD E 2 Nr. 28/8
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(Transkription)
Landtagsbeschluss vom 16. Mai 1722. - Aus einem "gnädigst abgelassenen Schreiben" entnehmen die
Landstände, daß die 1715 bewilligten 300.000 Gulden zur Reparatur am stehengebliebenen Teil des Schlosses
wie zur Herrichtung der provisorischen Stadtwohnung des Landgrafen zu einem Drittel verbraucht wurden.
mithin zu dem neuangelegten Schloßßbau nur 200.000 Gulden übrig verblieben, diese aber deroselben auch
nicht völlig zu diesem Behuf angediehen seyen, anerwogen die Gelder in denen gesetzten Ziehlern niemahlen
alle richtig eingekommen, sondern man dardurch genöthiget worden, zu Bezahlung der zu dem Bauwesen
erforderten vielen Baumaterialien und in Arbeit und in Arbeit gestandener Handwercksleuten fast jährlich
die benöthigte Mittel gegen schwehre Interessen anderwerts aufzunehmen einfolglich die hierunter geführte
Intention bey solchen angeführten Umbständen ohnmöglich erreichet, sondern an sothanen neuem Schloßbau
mehres nicht als 2/3 unter Dach gebracht, und der zu desselben weiteren Vollführung erforderliche Fond oder
Zuschuß weder von dero fürstlichen Rentcammer noch Kriegsrat bey denen anitzo habenden ohnvermeidlich
überhäuften Ausgaben, da dero beyderseitigen Cassen durch den großen Erlaß, so dieselbe dero
Unterthanen in gnädigster Consideration ihres offenbaren Armuts und Unvermögens an denen letzthin bis
inclusive untersuchten auf 1.100.000 Gulden angewachsener Restanten gethan, ein Großes abgehet,
ausgefunden werden könne [...]
Nachdem aber die Unvermögenheit derer bis auf den Grund erschöpften armen Unterthanen leider mehr als
zuviel bekandt, so will über die denselben allbereits harttrückende Onera noch ein weiteres herauszubringen
fast ohnmöglich scheinen.
Jedoch aber damit Ihro Hochfürstliche Durchlaucht treugehorsambste Praelaten, Ritter und Landschaft auch
in dem gantz und zumahl kraftlosen Zustand, worin sie sich dermahl befinden, zu Bezeugung ihrer
unterthänigsten Pflicht und Deveneration nicht gantz abhanden gehen, sondern ihre Geneigtwilligkeit
deroselben bis auf den allelezten Blutstropfen unterthänigst zu assistiren an Tage geben mögen, so haben
Anwesende Praelaten, Ritter- und Landschaft vor sich und in Vollmacht ihrer Mitglieder sich dahin
einmüthiglich verglichen, daß zu völliger Ausbauung der hochfürstlichen Residenzschlosses sie annoch
100.000 Gulden [...] verwilliget haben. [...]
Gleichwie nun diese durch die wegen Abgang der Nahrung in äußerster Dürftigkeit allbereits schmachtender
Landstände auch über derer Vermögen gethane Verwilligung bloß zu mehrer Beförderung des Splendeurs
dero hochfürstlichen Hauses, und damit Ihro Hochfürstlicher Durchlaucht als Landesvatter geheyligte Person
noch bey Lebzeiten in dero fürstlichen Residenzschloß mit besserer fürstmäßigen Bequemlichkeit residiren
können, aus unterthänigster Devotion geschehen, so leben dero trugehorsambste Landstände des
unterthänigsten Vertrauens, es werden angeregte Gelder auch zu nichts anders als dem so nothwendigen
Schloßbau würcklich weniger nicht verwendet, als auch der in dem anno 1715 errichteten Landtagsrezeß
fürstlich gnädigst beschehener Zusage gemäß, diese fernerweit verwilligte Schloßbaugelder zu einiger
Perpetualität nicht gezogen werden, sondern mit diesem Quanto der 100.000 Gulden sothane Gelder gäntzlich
cessiren und Ihro Hochfürstliche Durchlaucht damit auch allergnädigst content seyn, auch währender
dieser Praestation dero treugehorsambste Landstände mit Ansinnung fernerweiter neuer Anlagen umb so
mehr in Gnaden verschonen, als geneigt sie seyn, Ihro Hochfürstliche Durchlaucht die in anno 1682 bis hieher
zu Abtilgung derer Schulden prolongirte Trancksteuererhebung zu Bezeugung ihrer unterthänigsten
Submission noch weiter auf zwantzig Jahr unteerthänigst prolongirend hiermit zuverwilligen. [...]
Weil aber der das Land in äußersten Ruin setzende Wildschade eines der relevant- und erheblichsten
Gravaminum seyn mag, als wollen dero getreueste Praelaten, Ritter- und Landschaft des auf dieselbe
hieraus redundirenden irreparablen Schadens halben um gnädigst- und fördersambste Remedur desselben
gehorsambst imploriren
- Johann Eckhardt von Winter zu Brommeskirchen
- Lutwig Baltzer Philips von Nordecken zur Rabenau
- Augustus von Dernbach
- Johann Gottfried Lesch von Millheim
- Chriestian Conrad Sebastian von Schwalbach
- Johan Jeremias Schenck, Doktor und Syndicus der Statt Gießen,
Johann Wilhelm Muhm, pro tempore Bürgermeister,
Johannes Balser, Stattschreiber der Statt Gießen,
als Bevollmächtigte derer Stätte Gießen, Butzbach, Schotten, Biedenkopf,
Battenberg, Homberg an der Ohm, Allendorf an der Lumbda, Ullrichstein, Stauffenberg,
Lißberg, Grebenau und Hatzfeld, sodann wegen Romrodt sub sperati
- Wilhelm Ludwig Steck, Lizentiat und Syndicus der hochfürstlichen Residenz Darmstatt,
Johann Jacob Böhler, Bürgermeister daselbst,
Johann Justus Pfifferling, Stattschreiber daselbst,
als Bevollmächtigte der hochfürstlichen Residenz Darmstatt und der übrigen Stätte
der Ober- und Niedergrafschaft Catzenelnbogen
- Henrich Kleeberger, pro tempore Bürgermeister wegen der Statt Alsfeldt
- Friedrich Christoph Schröder, Syndikus,
Johannes Schuhard, wegen der Stadt Grünberg
- Johan Georg Schmidt, Bürgermeister Nidda
- Johann Nicolaus Lantz, Bürgermeister zu Kirtorf
- Johan Philippus Crannig wegen der Stadt Königsberg
- Johann Simon Somerladt wegen der Stadt Ober-Roßbach
- Johannes Schmitt, Burgemeister, undt Johannes Engell,
Stattschreiber (gestrichen: daselbst) der Statt Großenlinden
Fußnoten:
1 Zinsen
2 Nachlassen
3 Erwägung
4 Rückstände
5 Lasten
6 Ehrerbietung
7 Glanz, Ruhm, Ansehen
8 Landtagsbeschluß, - abschied
9 Fortdauer
10 aufhören, zu Ende sein
11 zufrieden
12 Abgabe
13 verlängerte
14 Steuer auf Wein und Bier
15 Beschwerde
16 daraus folgenden
17 Abhilfe, Abstellung
18 ersuchen
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