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"Mein liebes Muttchen!"

Ihren Ursprung verdankt diese Sammlung Karl Noack (1859 - 1930), dem Leiter der Bibliothek (seit 1901) wie des Historischen Museums (seit 1914) der Stadt Darmstadt. Die Geschichte seiner Weltkriegssammlung ist allerdings ebenso schwer zu rekonstruieren wie die des Archivs der Stadt Darmstadt überhaupt, in dem die Sammlung vermutlich seit dem 2. Weltkrieg lagert. Zwar war 1904 mit der Errichtung des Museums auch die eines städtischen Archivs beschlossen worden, doch wurde nur das Museum 1909 offiziell eröffnet. Das Archiv, in dessen Namen Noack sich an die Hinterbliebenen von Kriegsgefallenen wandte, wird als eigene Institution erst 1929 fassbar, als Adolf Müller zu seinem Leiter ernannt wurde, der schon 1927 Noack als Museumsleiter gefolgt war (und 1933 auch die Bibliotheksleitung übernahm). Noack selbst hatte seine Sammlung "vor allem als Vorstand des städtischen historischen Museums" angelegt, (während er im Briefkopf seines Schreibens an die Hinterbliebenen "Historisches Museum und Archiv der Stadt Darmstadt" nennt).

Da eine öffentliche Verwendung der Sammlung nach 1918 nicht bezeugt ist, archivinterne Registraturen ebenso wie Museumskataloge in der Stadtzerstörung 1944 untergegangen sind, kann man nur vermuten, dass die Sammlung entweder im Keller des städtischen Museums (seit 1924: Hof) oder mit den ausgelagerten Archivbeständen im Keller des Ludwigsbahnhofs die Darmstädter "Brandnacht" überstanden hat. Ein Verzeichnis der erhaltenen Sammlungsteile wurde wahrscheinlich von Carl Horst Hoferichter (Stadtarchivar 1972 - 1987) angelegt, der wohl vermutlich auch die Fotos der gefallenen Darmstädter, die bis dahin in die "Weltkriegssammlung" integriert waren, auf Kartons aufkleben ließ, wobei man die dazugehörigen Handschriften in Umschlägen auf deren Rückseite verwahrte. Dort blieben sie bis zu ihrer Wiederentdeckung in den 90er Jahren.
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Unterstand an der Westfront. Foto: Stadtarchiv Darmstadt


[Das folgende Schreiben schickte der Darmstädter Stadtbibliothekar Karl Noack fast unmittelbar nach Kriegsbeginn an die Angehörigen gefallener Darmstädter Soldaten; ein Exemplar in Maschinenschrift liegt dem Lebenslauf von August Noack bei.]

Historisches Museum
und Archiv der Stadt
Darmstadt
Grafenstr. 30

Darmstadt, den............191.....

Herrn
Frau

Die ergebenst unterzeichnete Verwaltung des städtischen, ortsgeschichtlichen Museums und des städtischen Archivs beabsichtigt als Teil der begonnenen, umfassenden Kriegssammlung ein Album aller vor dem Feind gefallenen oder an den Folgen des Krieges verstorbenen Darmstädter, und zwar sowohl der Offiziere wie der Unteroffiziere und Soldaten anzulegen. Zur Ergänzung soll jedem Bilde ein kurzer Lebenslauf des Verewigten und womöglich ein von ihm selbstgeschriebenes Schriftstück, am besten eine Postkarte oder ein Brief aus dem Felde beigefügt werden.
Wenn es der Raum im Museum gestattet, werden wir, ähnlich wie in der Sammlung über den Krieg 1870/71, in der ein Mittelbild sämtliche gefallenen Offiziere der 25. Division vereinigt, Gruppenbilder, nach den einzelnen Regimentern usw. geordnet, herstellen lassen. Die Stadt glaubt auf solche Weise ihre gefallenen Heldensöhne am besten ehren zu können zu ewigem Gedächtnis.
Wir richten daher an Sie die herzliche Bitte, uns ein Bild Ihres (hs.: Sohnes), wenn möglich ihn in Uniform darstellend, einen kurzen Lebenslauf (Ort und Tag der Geburt, Stellung im bürgerlichen Leben, welchem Regimente angehörig und in welchem Rang, wann und wo gefallen oder verwundet u.a.m.) sowie endlich einen Brief oder eine Postkarte aus dem Felde oder, wenn Sie sich von derartigem nicht trennen wollen, irgend ein anderes bedeutsames Schriftstück von seiner Hand zu überweisen.
Falls der Verewigte schon schriftstellerisch oder künstlerisch hervorgetreten sein sollte, bitten wir weiter um gefällige Äberlassung je eines Stückes seiner Werke oder, wenn dies nicht möglich, um Angabe der Titel der Werke oder um nähere Bezeichnung der Reproduktionen.
Zu jeder weiteren Aufklärung in der Angelegenheit halten wir uns gerne zu Ihrer Verfügung.

In der Äberzeugung, dass Sie gerne bereit sein werden, bei dem Zustandekommen dieser Sammlung mitzuhelfen, sprechen wir Ihnen im voraus unseren verbindlichsten Dank aus und zeichnen
mit vorzüglicher Hochachtung
Noack
Stadtbibliothekar.





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Aus privaten Sammlungen:

Feldpostbriefe und Lebensläufe von Darmstädter Soldaten im Ersten Weltkrieg. Aus der Weltkriegssammlung des Stadtarchivs Darmstadt: